BGH entscheidet über verjährungsrechtliche Mietproblematik
Mit Urteil vom 31. August 2022 (VIII ZR 132/20) hat der BGH entschieden, dass Ansprüche des Vermieters aus dem Mietverhältnis auch dann noch geltend gemacht werden können, wenn die Begehung der haftungsauslösenden Handlung über 30 Jahre zurückliegt.
Sachverhalt
Mieter M hat 1981 von Vermieter V eine im 4. OG gelegene Wohnung in Berlin gemietet. Zu diesem Zeitpunkt war das Badezimmer der Wohnung mit Holzdielen ohne eine Fußbodenentwässerung ausgestattet. M wollte dies ändern und ließ noch im selben Jahr einen Fliesenfußboden verlegen nebst Bodenabfluss. Die Arbeiten wurden allerdings nicht fachgerecht ausgeführt, da es nach dem Stand der Technik einer Dichtung unterhalb der Fliesen bedurft hätte. Über die Jahre hinweg führte dies dazu, dass - ohne dass dies jemand bemerkt hätte - die Deckenbalken durchfeuchtet wurden. Dies fiel erstmals 2016 auf, nachdem in der unter der Wohnung von M gelegenen Wohnung im 3. OG Wasser durch die Decke drang und ein Gutachter eingeschaltet worden war. V wollte nun von M Schadensersatz für die durch die unsachgemäße Installation des Bodens entstandenen Schäden haben. M meint, die Ansprüche wären ohnehin verjährt.
Entscheidung
Materiell-rechtlich ist der Sachverhalt dem Grunde nach schnell einzuordnen. So geht es bei Ansprüchen des Vermieters gegen den Mieter regelmäßig um die §§ 280 ff. BGB. Hier hat M durch die unsachgemäße Installation des Fliesenfußbodens eine ihm aus dem Mietverhältnis obliegende Pflicht - nämlich die vermietete Sache nicht über den gewöhnlichen Gebrauch abzunutzen - schuldhaft verletzt. Soweit so gut - aber wie verhält es sich mit der Verjährung des Anspruchs? So wurde die schadensbegründende Handlung bereits 1981 begangen und damit vor der maximalen Verjährungsfrist von 30 Jahren (§ 199 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB). Während die Vorinstanzen hier noch eine Verjährung auf Basis von § 199 BGB bejaht hatten, erklärte der BGH die Norm vorliegend für nicht anwendbar.
Das Berufungsgericht hat verkannt, dass die Vorschrift des § 199 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB hier nicht anwendbar ist, weil § 548 BGB für bestimmte mietrechtliche Ansprüche eine abschließende Sonderregelung enthält, die der allgemeinen Bestimmung des § 199 Abs. 3 BGB vorgeht, so dass eine Verjährung solcher Ansprüche vor der Rückgabe der Mietsache nicht eintreten kann. Dafür sprechen nicht nur der Wortlaut und die Entstehungsgeschichte des § 548 Abs. 1 BGB . Dies folgt vielmehr insbesondere auch aus der Gesetzessystematik und dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Die gegenteilige Ansicht des Berufungsgerichts findet im Gesetz keine Stütze.
Das heißt, solange es um mietvertragliche Schadensersatzansprüche geht, geht § 548 Abs. 1 BGB (die Norm sieht eine Verjährung binnen sechs Monaten nach Rückgabe der Mietsache vor) den Verjährungsregeln des § 199 BGB stets vor.
Zur Begründung führt der BGH an, dass der Wortlaut des § 548 Abs. 1 BGB andeutet, dass es sich für bestimmte mietrechtliche Ansprüche um eine abschließende Regelung der Verjährung handele. So hätte der Gesetzgeber das Verhältnis zwischen § 548 BGB und den in § 199 BGB normierten Höchstfristen dahin verstanden wissen wollen, dass Ersatzansprüche des Vermieters schon während des laufenden Mietverhältnisses nach § 199 BGB und – sofern danach nicht verjährt – zusätzlich ab Rückgabe der Mietsache nach § 548 BGB verjähren, hätte es nahegelegen, dass dies im Wortlaut des § 548 BGB zum Ausdruck gebracht worden wäre, sei es nur durch eine Wendung wie „spätestens“. Des Weiteren spreche auch die Systematik gegen eine Anwendung von § 199 BGB in diesem Fall. Denn so ist § 199 BGB im allgemeinen Teil des BGB aufgeführt (und somit vor die Klammer gezogen), während § 548 BGB dem besonderen Teil des Mietrechts zuzuordnen ist.
Nach dieser Maßgabe ist Verjährung des auf die mangelhafte Badmodernisierung gestützten Schadensersatzanspruchs des V nicht eingetreten und er kann diesen erfolgreich gegen M geltend machen.
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